Interview: Gelitin
/// PDF Printversion /// Autor: admin“Man sollte die eigenen Arbeiten als Künstler nicht erklären. Das ist überhaupt nicht der Job, das machen Kritiker oder Kuratoren.”
Wie geht Kunst traf die Künstlergruppe Gelitin im April 2012 in ihrem Atelier in Wien. Gelitin, das sind: Wolfgang Gantner, Ali Janka, Florian Reiter und Tobias Urban. Das Interview führten Conny Habbel und Marlene Haderer.
Tobias: Fangen wir an…sonst müssen wir noch 3 Stunden warten bis alle da sind, das fließt immer so…
WgK: Gibt es ein Kunstwerk das euch geprägt hat?
Florian Reiter: Immer wieder andere.
Tobias Urban: Mit 17 hab ich mal Anselm Kiefer gemocht und als Fünfundzwanzigjähriger bin ich auf Roman Signer gestanden, der hat mich sehr beeindruckt.
Wolfgang Gantner: Bei mir wars eher Musik, zum Beispiel die von Miles Davis. Die bildende Kunst hab ich gar nicht so gekannt.
WgK: Warum seid ihr Künstler geworden?
F: Weil es irgendwie keine wirklichen Berufe mehr gibt. Wenn man so einen richtigen „Beruf“ macht geht man immer in größeren Firmen auf und macht eigentlich immer das gleiche, routinemäßig. Wenn du heute Anwalt bist in einer so großen Anwaltskanzlei…
T: …Naja du kannst ja auch allein Anwalt sein.
F: Das gibt’s immer weniger.
T: Mein Vater hat einen Verlag gehabt und als er in den Sechzigerjahren bei der Frankfurter Buchmesse angefangen hat, da hat jeder Verlag einem Verleger gehört. Er hat dort ein Golfturnier organisiert, mit den ganzen Verlegern. Inzwischen sind auf diesen Turnieren nur noch CEOs und CFOs. Da gibt’s keinen einzigen mehr, der seinen Verlag besitzt, der gehört dann meistens irgendeiner größeren Institution.
F: Jemand besitzt die Firma, für die du arbeitest, aber du weißt gar nicht, wer das ist. Und das ist am Montag jemand anderer wie am Mittwoch, weil irgendein Aktienpaket verkauft wurde.
WgK: Und wie ist das in der Kunst?
F: Die gehört einem selber. Man hat sein Ding und ist Produzent.
T: Und die Galerien sind auch meistens Kleinbetriebe. Es gibt aber inzwischen auch andere, das ist aber eine Entwicklung, die erst jetzt passiert, mit Galerien wie Gagosian, wo du den Chef nurmehr ganz selten siehst.
F: Das funktioniert mit uns nicht.
WgK: Was ist gute Kunst für Euch?
T: Kunst, die dein Leben verändert. Wenn du es gesehen hast, vergisst du es nicht mehr. Du willst es nicht mehr nicht gesehen haben.
F: Es kickt. Wenn man das sieht und es kickt, ist es gut.
WgK: Bringt Kunst der Gesellschaft was?
F: Auf alle Fälle. Zum Beispiel kultivierte Umgangsformen.
T: Nicht immer kultivierte Umgangsformen… (lacht) Ich glaub, eine Gesellschaft braucht Bilder, um sich weiter zu entwickeln. Du erzeugst Bilder, ein Bild kann so stark sein, anhand von Bildern entwickelt man sich weiter.
F: Kunst produziert auch Ideen. Caspar David Friedrich zum Beispiel. Oh! Plötzlich ist Natur etwas Schönes! Natur war ja lange Zeit böse, weil da waren ja Bären und Wölfe.
T: Ich glaub eher, dass Natur ein Teil von allem war, und das war dann plötzlich abgekoppelt. Dann sind Städte entstanden und dann wurde Natur romantisiert. Und Caspar David Friedrich hat das Bild dazu erzeugt.
WgK: Kunst verändert also das Unbewusste der Gesellschaft.
F: Ja. Man ist ja immer auf Berge gegangen, aus religiösen Motiven, und auf einmal geht man nicht mehr aus religiösen Gründen raus, sondern aus einer romantischen oder intellektuellen Idee. Man kann es halt dann anders erleben.
WgK: Muss man klug sein, um gute Kunst zu machen?
T: Auf alle Fälle.
F: Es geht um künstlerische Intelligenz, man sieht und agiert anders.
WgK: Verfeinert?
F: Nicht unbedingt verfeinert, einfach anders.
T: Vergröbert. (lacht)
T: Genauso, wie in der Mathematik: Auch dumme Mathematik ist uninteressant.
W: Sicher muss man intelligent sein.
(Ali Janka setzt sich zu uns)
WgK: Macht euch Kunstmachen glücklich? Macht euch das Spaß?
T: Ich hab noch nichts anderes ausprobiert. Mir macht’s auch Spaß, Excellisten zu erstellen oder Schrauben zu sortieren. Es gibt einige Dinge, die mir Spaß machen.
W: Ja, das stimmt, es ist vielleicht nicht das einzige was Spaß macht im Leben, aber es macht schon auch glücklich.
A: Ich will mich von so äußerlichen Dingen nicht abhängig machen. Sonst musst du ja dann dauernd Kunst machen, sonst bist du nicht glücklich.
WgK: Aber ist das ein Grund für euch, Kunst zum machen?
W: Glück?! Nein.
T: Für mich auch nicht. Wir sind eher die, die’s nicht zustande gebracht haben, was Anderes zu machen. Das wird wohl einen Grund haben.
W: Ich glaube, dass sich alle guten Künstler gerne beschäftigen. Es geht um Beschäftigung.
A: Aber ich glaube, man darf nicht arbeiten, arbeiten ist echt ein Problem. Man muss die Freiheit haben, das aus einer Losgelöstheit heraus zu machen. Sobald du anfängst mit: “Ich muss jetzt arbeiten gehn”, dann fällt dir nichts mehr ein. Und das ist schwierig, weil es gibt schon viel zu tun, also muss man eine Balance finden. Faul sein bringt auch nichts.
(Tobias bricht auf)
WgK: Ihr wirkt jetzt als Gruppe sehr relaxed. Seid ihr auch manchmal verkrampft oder blockiert, was die Kunst anbelangt?
W: Sicher. Aber das haben wir gelernt in den langen Jahren der gemeinsamen Arbeit, dass es dich zum Beispiel nicht weiterbringt, wenn du dagegen bist oder das nicht magst, was die anderen machen oder das nicht magst, was du selber machst. Kritik ist ja gut, aber viel schöner ist es, wenn du dann eine Lösung findest, die dich weiterbringt, und das sind Sachen, die lernen wir auch in der Gruppe. Dass das nicht wirklich spannend ist, wenn du jeden Tag kommst und sagst: “Was ist denn das für ein Scheiß!?” Versuche, es anders zu machen.
F: Wenn man eine verkrampfte Haltung hat beim Arbeiten oder beim Tun, dann sieht man das am Ergebnis. Das bringts nicht, das ist nicht gut.
WgK: Gibt’s bei euch Momente, wo ihr unsicher seid oder euch das sinnlos oder belanglos vorkommt, was ihr macht?
A: Sinnlos nie im Vergleich zu den Alternativen. Aber dass man ratlos ist und verwirrt, natürlich, immer.
W: Das ist ja das Schöne, das ist ja genau das Wichtige. Dass du nicht weißt, wie es geht oder ob es Sinn macht oder ob das gut ist oder ob das schlecht ist. Wir lösen das so: Wir produzieren halt und dabei kommen wir drauf: „Aha! Geht anders oder macht Sinn oder ist gut oder macht mich froh.“ Es ist ja total wichtig, dass es dir zwischendurch schlecht geht und du nicht weißt, was du machen sollst.
WgK: Gibt es auch Phasen in denen ihr nichts produziert?
W: Sicher! Wobei sich das bei einer Gruppe von vier Leuten besser aufhebt.
A: Es gibt auch andere wichtige Tätigkeiten, wie ausgehen, Leute treffen und sich blöd benehmen.
W: Aber das sind Fragen, die muss man wahrscheinlich unsere Lebensgefährten und Freundinnen und Freunde fragen, die sind wahrscheinlich total unglücklich mit uns, weil wir oft unzufrieden sind und herumjammern. Aber daraus entsteht ja wieder was.
WgK: Welche Rolle spielt das Geld? In unsicheren Zeiten ist euch die Kunst ja zumindest ein Beruf, von dem ihr leben könnt.
W: Als wir uns kennengelernt haben, haben wir auch Ausstellungen und Projekte gemacht, hatten noch kein Atelier und jeder hat seine Nebenjobs gehabt. Dann haben wir beschlossen, jetzt probieren wir es mal ohne diese Nebenjobs. Und hätte das nicht funktioniert, würden wir jetzt auch nicht mehr zu viert da sitzen, und hätten andere Berufe gefunden. Hätten Google gegründet, keine Ahnung.
A: Geld ist ja nicht der Grund, warum man Kunst verfolgt. Wenn man Geld verdienen will, soll man Wirtschaft studieren.
WgK: Würdet ihr euren Kindern raten, Künstler zu werden?
W: Wenn sie eine Begabung haben und das wollen, ja.
WgK: Kann man als Künstler Familie haben?
A: Der Florian hat Familie. Der Tobias auch.
F: Die Kinder sind montags jetzt immer im Atelier und arbeiten da.
W: Die Kinder sind super.
WgK: Wie gehen Freundschaft und Kunst zusammen? Gibt’s da auch Probleme, wie Konkurrenz oder Neid?
W: Wir haben ja keine Freunde.
F: Super ist es, wenn man jemanden kennt und eigentlich gar nicht wirklich weiß, was der tut….
W: …so ein richtiger Freund halt…
F: …du lernst so Leute kennen und dann kommst du drauf: „Ah, sie machen Kunst.“ Und dann siehst du, was sie tun, und dann findest du das gut, unabhängig davon, dass du die Person magst. Das ist total super. Wirklich schlimm ist, wenn man jemanden kennt und dann sagt er: “Ey, ich hab eine Ausstellung!” Und dann kommt man hin und schaut sich das an und das ist total doof oder wirklich schlecht. Das ist dann ein bisschen seltsam.
WgK: Das ist dann ein Problem für die Freundschaft?
A: Sagen wir mal, du bist Künstler und jemand sagt zu dir, du bist deppert und verlogen. Dann denkst du dir „Naja, whatever“. Aber wenn jemand sagt, deine Kunst ist deppert und verlogen, das tut dann wahrscheinlich viel mehr weh. Ist komisch, oder?
WgK: Wann findet ihr Kunst scheisse?
W: Es gibt schon Kunst, die mehr Attitüde ist als originell.
A: Ich find’s nie scheisse, es gibt nur Dinge, die vergesse ich gleich wieder, weil sie mich nicht interessieren. Aber das ist ja auch wichtig, stell dir vor es gibt nur Dinge, die dir gefallen, das wäre ja entsetzlich!
F: Na, das wär ganz schlecht.
A: Und „gefallen“ ist sowieso ein Problem: Du stehst an einem Tag auf, da gefällt dir was, stehst am nächsten Tag auf, da gefällt es dir nicht, da gefällt es jemand anderem, dem gefällt es dann am nächsten Tag nicht…
F: Es ist auch total wichtig, dass man sich da selber rausnimmt, es muss einem nicht unbedingt gefallen, was man selber macht. Man muss nicht glauben: Das ist total wunderschön. Man muss nur glauben, das ist – gut. Das ist gut und hat Berechtigung und Sinn. Aber ob einem das jetzt persönlich so gut gefällt, ist nicht so wichtig und in drei Jahren sieht man es vielleicht ganz anders.
WgK: wann ist es gut?
A: Wenn man’s spürt.
F: Ja, das spürt man. Wenn es in sich schlüssig ist. Wenn man sagt: das Ding kann man loslassen, das kann abgekoppelt existieren.
W: Aber so weit sind wir auch noch nicht, das entwickelt sich ja bei uns. Also vielleicht kann man das irgendwann mal konkretisieren, was „gefallen“ wirklich bedeutet. So weit sind wir noch nicht. Die Abramovic sagt z.B. zu ihren Studenten „keine Performances mit Eiern“…
A: …weil das hat es schon so oft gegeben…
W: …das darf man nicht machen, man darf keine Performance machen wo Eier vorkommen. So weit sind wir noch nicht. Warum wirklich etwas kickt, kann ich persönlich noch nicht sagen. Wenn ich andere Arbeiten seh, wenn ich im Museum steh – warum mich etwas berührt, das hab ich noch nicht raus.
WgK: Gibt es zur Zeit einen Trend in der Kunst?
F: Jaja. Ein super Trend sind die Mauerblümchen gerade. So marginale bescheidene Kunst, das ist total trendig. Und die ist teilweise ganz gut, aber nicht so meins. Beispiele nennen wir aber nicht.
WgK: Wie kommt ihr mit den Umgangsformen im Kunstbetrieb zurecht, mit anderen Künstlern, Vermarktern?
F: Ich glaub wie in jeder Berufsgruppe: Es gibt angenehme und unangenehme Leute.
W: Aber da hilft es uns auch wieder, dass wir eine Gruppe sind. Wenn man in eine andere Stadt fährt und mit den Galeristen, Museumskuratoren, Kunstleuten Abendessen muss, man aber vielleicht an dem Abend keine sonderliche Lust hat, mit den Leuten zu reden, dann sind noch drei andere da, die für dich zuhören und reden wollen und du isst vielleicht nur dein Schnitzel oder gehst wieder. Das hilft. Aber eigentlich sind das sehr angenehme Menschen. Also die Galeristen sind alle ziemlich verrückt, die sind recht super.
WgK: Die Frage nach den Umgangsformen im Kunstbetrieb ist wohl auch eine Frage des Respekts.
A: Aber wo man nicht respektiert wird, da stellt man ja nicht aus.
W: Wir sind nicht eitel, aber Respekt ist schon wichtig.
F: Respekt muss man sich selber erarbeiten. Den kann man nicht erwarten. Den kann man nicht einfordern, das ist unmöglich.
WgK: Ihr wurdet immer respektvoll behandelt?
W: Nein, überhaupt nicht. Da gab’s auch viele Missverständnisse.
A: Wir haben andere nicht immer respektvoll behandelt.
F: Respekt ist eine extrem weite Definition, wie du respektiert werden willst, wie würdet ihr das definieren?
WgK: Da geht’s auch um Abhängigkeitsverhältnisse, wenn du zum Beispiel als junger Künstler deine Arbeiten bei Galerien oder Kuratoren vorstellst.
W: Wir haben meistens den Umweg genommen, die Arbeiten einfach zu produzieren, anstatt dass man sie lange erklärt und dann werden sie falsch verstanden.
A: Wir haben immer das Wochenende genutzt, weil sonst erklärst du es und dann heißt es: “Huh, it’s not possible!”
W: Wir haben es einfach gemacht. Wenn es fertig ist, gefällt es dann meistens eh.
F: Man sollte die eigenen Arbeiten als Künstler nicht erklären. Das ist überhaupt nicht der Job, das machen andere Leute, das machen Kritiker oder Kuratoren.
W: Was ich als Karriere sehe, das ist, dass du mit Leuten zusammenarbeitest, die dich besser und leichter unterstützen können und nicht mehr so viel fragen. Das ist Karriere: Wenn man nicht mehr alles erklären muss.
WgK: Siegt Qualität immer? Es gibt bestimmt Leute aus eurem Umfeld, die jetzt vielleicht nicht so erfolgreich sind, wie ihr. Sind das dann zwangsläufig Leute deren Arbeit weniger wertv…
A: …Nein…nein…nein! Das hängt von so vielen Faktoren ab! Vielleicht macht jemand eine super Arbeit, kommt aber überhaupt nicht raus, weil er nie aus dem Haus geht, oder weil grade irgendwas hip ist, er aber etwas anderes macht.
W: Ob Qualität immer siegt, ob sich das durchsetzt? À la longue ganz sicher! Aber es ist auch eine Qualität zu sagen: „Ich will das nicht mehr machen, weil mir das zu mühsam ist, das Herumreisen, Leute treffen, dieser Galeriebetrieb.“ Ist ja auch eine Qualität zu sagen: „Nein danke!“
F: Cervantes’ Schwager war auch Schriftsteller. Er hat Krimis geschrieben und war zu seiner Zeit kommerziell wahnsinnig erfolgreich. Kein Mensch weiß heute mehr, wer das ist. Das ist also eine Definitionsfrage: Was ist Erfolg?
WgK: Vielleicht wenn man davon leben kann und eine gewisse Art von Anerkennung erfährt.
F: Da ist auch die Frage: Wo holst du dir deine Anerkennung? Es gibt Künstler, die haben ihre Anerkennung in einem sehr geschlossenen Kreis.
A: Eine Person, die wichtig ist. Und diese eine Person erkennt das an: dann ist es gelaufen.
F: Oder unter Kollegen, fachspezifische Anerkennung. Und auf der anderen Seite gibt es Leute, die unter Kollegen überhaupt nicht anerkannt, aber kommerziell erfolgreich sind. Die sind vielleicht auch nicht so glücklich. Es gibt genug Leute, die kommerziell erfolgreich, aber in keinen Ausstellungen vertreten sind.
A: Von denen hast du noch nie gehört, wie z.B. Celine Dion.
WgK: Holt ihr euch viel Input? Ist das wichtig für eure Kunst?
F: Ja, permanent. Permanent.
WgK: Aus welchen Bereichen?
F: Überall, alles.
WgK: Andere Kunstformen oder – alles?
F: Alles.
W: Ja, alles.
F: Alles.
WgK: Ist es wichtig, dass man sich auch aus der bildenden Kunst Input holt?
W: Das gehört auch zu allem dazu, ja.
WgK: Man kann nicht sagen: „ich beschäftige mich mit Alltagskultur, kenne mich aber nicht so gut aus, was künstlerisch derzeit passiert“?
A: Kann man auch. Es kommt darauf an, was für einen Weg man beschreitet.
WgK: Kennt ihr euch aus?
W: Also ich hab das nicht gekannt bevor ich angefangen habe, ich hab kaum Ausstellungen besucht und nur wenige Museen gekannt, aber wenn du dich mit was beschäftigst, ist es ja logisch, dass du dich dann auf dem Gebiet weiter interessierst. Wenn ich am Wort interessiert bin und schreibe, werde ich auch lesen.
F: Es gibt viele Künstler, die sich kunstgeschichtlich extrem gut auskennen, und die haben dann eine totale Blockade, weil sie ständig in der Überzeugung leben, dass es das alles schon gegeben hat, was ihnen einfällt. Da ist es manchmal nicht so gut, wenn man das alles weiß.
A: Wir haben ein paar Dinge gemacht, bei denen wir danach draufgekommen sind: Ah, sowas Ähnliches hat schon jemand in den Siebziger-Jahren gemacht! Und dann freut man sich, weil es ist ja nicht das Gleiche.
WgK: Das ist also kein Grund, von einer Idee, die es schon gab, die Finger zu lassen.
W: Man kann alles nochmal machen, es kommt nur darauf an, wie man es macht.
WgK: Was würdet ihr einem jungen Künstler mitgeben auf den Weg?
F: Gutes Werkzeug.
A: Zweifel.
W: Zweigelt. Blödsinn. Das war nur ein Wortwitz.
A: Stöckelschuhe.
F: Handwerkliche Fähigkeiten sind schon sehr sinnvoll. Weil ihr von Trend gesprochen habt: ich glaub trendentfremdetes Arbeiten ist auch gut. Weil sonst läuft man ja immer hinterher. Das braucht es nicht.
W: Produzieren ist gut für einen jungen Künstler. Also nicht nur zu überlegen sondern zu produzieren.
A: Ausstellen ist gut. Mehr als zu produzieren.
F: Ja, ausstellen, ausstellen, ausstellen, Da lernt man echt am meisten…
A: Auch, wenn es zu Hause ist: einfach Leute einladen.
W: Oder in deinem Nasenloch. Viel ausprobieren. Und vieeeeel wegschmeissen. Das ist auch ganz wichtig.
WgK: Und wie wird man glücklich im Leben?
W: WAS?!?! Wen interessiert das???
F: Es gibt ja wirklich erfolgreiche Künstler, die waren nie glücklich in dem Sinn.
A: Außerdem wird man nicht glücklich, das ist man oder nicht. Ich weiß nicht. Das ist ja jetzt oder jetzt nicht.
W: Familienaufstellung, Yoga. Gut essen. Selber kochen.
A: Das ist doch kein Weg, glücklich ist man oder nicht.
WgK: Wart ihr immer glücklich?
F: Ob wir immer glücklich sind?!
W: Na!
F: NA…bist du wahnsinnig…ist ja langweilig. Das wär ja langweilig. (allgemeines Lachen)
W: ICH doch nicht!
A: Was für eine Beleidigung!
F: Zum Beispiel Mike Kelley: Warum hat sich der umgebracht? Aus beruflicher Erfolglosigkeit sicher nicht. Der war extrem respektiert, anerkannt, kommerziell erfolgreich, alles. Bringt sich eines Tages um. Marc Rothko: umgebracht, Selbstmord. Das war alles gebongt, karrieremäßig. Das weiß man nie.
WgK: Gibt es irgendeine Technik, die ihr anwendet, bzw. was macht ihr, wenn ihr vor einer neuen Arbeit steht und nicht wisst wie es weitergeht? Oder ist das bei euch nie ein Problem?
W: Wenn du ein Problem hast mit irgendwas, dann stimmts meistens auch nicht.
F: Das sind Übergangsphasen.
W: Ich glaub, da muss man sich selber zuhören. Man träumt ja eh davon oder sagt es oder spricht es aus oder sieht es auf der Straße. Irgendwie passiert es dir eh einmal.
F: Ich glaube nicht, dass man was zusammenpackt, abschliesst, wegräumt und dann sagt: „Jetzt mach ich ganz was anderes“. Das sind fließende Übergänge. Es gibt ja auch nicht die Ausstellung, oder den Event, der plötzlich deine Karriere bedeutet. Da gibt es immer diese Ideen: der große Wurf, oder so. Den gibt es eigentlich nicht in der Praxis, es ist stattdessen ein permanenter Transformationsprozess.
A: Das ist eher so chinesisch.